Lohr setzt auf Batteriesysteme von Webasto

Das französische Transportunternehmen Lohr Industries wird ab Oktober 2021 das vollelektrische und modulare Shuttle-System „Cristal“ in vier Städten Frankreichs an den Start bringen. Angetrieben werden die Fahrzeuge von Batterien aus dem Hause Webasto, einem der global 100 größten Automobilzulieferer.

Lohr ist eine französische Unternehmensgruppe in Privatbesitz mit Sitz im Elsass in der Nähe von Straßburg, die seit über 55 Jahren auf die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Systemen für den Güter- und Personentransport spezialisiert ist und 80 Prozent ihres Umsatzes im Export erzielt. Mit sechs Fabriken auf drei Kontinenten und 1500 Mitarbeitern ist die Lohr-Gruppe Weltmarktführer für autotragende Fahrzeuge und fördert Projekte für nachhaltige Mobilität. 2006 entstand die Abteilung „New Mobilities“, die sich auf elektrische Mobilität und autonomes Fahren fokussiert.

Der Cristal: elektrisch, umweltfreundlich und nachhaltig

„Cristal“ ist ein modulares, elektrisches Bus-System, das je nach Bedarf angepasst werden kann. Während der Hauptverkehrszeiten wird der „Cristal“ im sogenannten Shuttle-Modus eingesetzt, mit zwei bis vier gekoppelten Fahrzeugen und unter der Leitung eines professionellen Fahrers. Bis zu 64 Personen können so mit bis zu 50 Km/h transportiert werden. Das An- und Abkoppeln der Shuttles ist einfach, automatisiert und dauert weniger als 1 Minute, indem der oder die Fahrer einen Knopf auf dem Armaturenbrett drückt. „Die Idee war es, Betreibern eine flexible und umweltfreundliche Mobilitätslösung für den öffentlichen Verkehr zu bieten und nicht elektrische Busse für die maximale Kapazität“, erklärt Jean-François Argence, Direktor der Sparte „New Mobilities“.

Der Clou: Außerhalb der Hauptverkehrszeiten oder für alternative Anwendungen für den On-Demand-Verkehr kann der „Cristal“ auch als Einzelfahrzeug für die sogenannte letzte Meile genutzt werden. Dazu ist in Frankreich lediglich ein gültiger Pkw-Führerschein nötig. „Unser Ziel ist es, einen möglichst hohen Grad an Modularität zu erreichen, um alle Arten von Mobilitätsbedürfnissen innerhalb der Städte abdecken zu können“, so Argence.

Noch 2021 werden rund 20 Fahrzeuge an die Städte Avignon, Orange, Ajaccio und Saverne ausgeliefert und sollen dort noch vor dem Jahreswechsel erstmalig auf den Straßen eingesetzt werden. Auch mit Vertretern deutscher Kommunen, unter anderem mit der Stadt Stralsund, ist Lohr in engem Austausch über einen möglichen Einsatz des Cristal.

 

Batterien stammen von Webasto

Bei der Suche nach einem geeigneten Partner fiel die Wahl schnell auf Webasto. Schließlich hat sich der Dach- und Standheizungsspezialist innerhalb weniger Jahre auch einen Namen als führender Systemanbieter für die Elektro-Mobilität gemacht. Im Webasto Werk in Schierling steht eine der modernsten Produktionsanlagen für Batteriesysteme – die hochflexible Multi-Product-Line, mit der bis zu 40.000 Batteriesysteme im Jahr produziert werden können.

Mit dem Standard-Batteriesystem erhalten Kunden das Beste aus zwei Welten: Sie profitieren einerseits von den Preis- und Qualitätsvorteilen eines Massenprodukts und andererseits von der präzisen Passform einer maßgeschneiderten Lösung. Dank der modularen, skalierbaren und geometrischen Konstruktion und der hohen Stabilität eignet sich das Standard-Batteriesystem für eine breite Palette von Fahrzeugen aller Art. 

„Wir wissen von anderen Geschäftspartnern, dass Webasto ein sehr hohes Qualitätsniveau hat. Und natürlich hat es geholfen, dass Webasto kleinere Volumen zu einem attraktiven Preis anbieten kann. Zudem müssen wir im ‚Cristal‘ sehr platzsparend agieren, deshalb kam uns das Design sehr entgegen“, bestätigt Argence.

Pro Fahrzeug kommen zwei Batterien mit einer Leistung von zusammen 70 Kilowatt zum Einsatz. Die Reichweite entspricht der vorgesehenen Strecke an einem Nutzungstag. Rund 120 Kilometer schafft der „Cristal“, bevor er aufgeladen werden muss. Die passiert entweder in einem zentralen Depot oder an bestimmten Haltestellen, die auf der Strecke der Fahrer liegen und über eine Stromversorgung verfügen. Der „Cristal“ ist mit einem Schnellladesystem ausgestattet, das eine halbe Ladung in 30 Minuten und eine volle Ladung in 90 Minuten ermöglicht.

Nicht nur mit den Batterien zeigen sich die Ingenieure von Lohr sehr zufrieden, auch der technische Support von Webasto hat den hohen Erwartungen entsprochen. Argence: „Es ist eine sehr gute Partnerschaft zwischen unseren Unternehmen. Webasto hat die Bedürfnisse von Lohr perfekt verstanden.“

Rechtlicher Rahmen musste erst geschaffen werden

Die größte Herausforderung für Lohr in den letzten Jahren lag in den rechtlichen Rahmenbedingungen, wie Argence berichtet. „Es gab keine spezifischen Vorschriften für gekoppelte Fahrzeuge. Außerdem war es in Frankreich verboten, Personen in räumlich vom Antriebsfahrzeug getrennten Anhängern zu befördern. Die entsprechenden rechtlichen Anpassungen brauchten Zeit und wir standen in Kontakt mit den Behörden. Vor zwei Jahren wurden die Vorschriften dann so geändert, dass der Cristal in Betrieb genommen werden kann.“

Im kommenden Jahr rechnet Lohr mit 50 bis 100 verkauften Fahrzeugen, danach soll sich die Zahl bei 200 bis 300 einpendeln. Für die Zukunft steht zudem schon eine autonom fahrende Variante bereit: der i-Cristal.